Donnerstag, 5. November 2015

Die seltsamen Träume eines coolen Jungen.

Die seltsamen Träume eines coolen Jungen. 

„Deine Träume sind die Spiegel deiner Seele“, hörte Meike einen Mann sagen, als er mit ein paar Freunden eher gelangweilt über einen Weihnachtsmarkt schlenderte. 

„Was hat der alte Spinner gesagt“, fragte Luca? 
„Ach, irgendwas von Seele“, antwortete David lachend. „Aber schau mal was der für geile Computerspiele hat“, rief er begeistert und lockte die anderen an des Stand des Alten. 
Ein Stand mit Computerspielen auf einem Weihnachtsmarkt war nun doch mehr als selten. Er hatte zwar noch andere Weihnachtsartikel, aber die kleine Gruppe cooler Jungs interessierte sich nur für die neuesten Kriegsspiele, die der Alte in einer kleinen Kiste nebenbei zum Verkauf anbot. 

Die Begeisterung kannte keine Grenzen. Einige Spiele hatten die Jungs schon. Andere waren ihnen neu. Die Weihnachtslieder, der Nikolaus das Christkind und der weihnachtlich reich geschmückte Markt, interessierten die Jungs weniger. 
Meike war der Einzige der genügend Geld dabei hatte, um sich das neuste und beste Spiel zu kaufen. Er konnte es gar nicht erwarten es zuhause auszuprobieren. Am nächsten Tag wollte er es seinen Freunden zeigen. Aber zuvor wollte er es selbst einmal alleine testen. 

Das Spiel war realistischer und besser in der Darstellung als alles was er bisher kannte. Hier wurde der Krieg in all seiner realen Brutalität glaubhaft und extrem genau dargestellt. 
Aber irgendetwas war anders. Meike war hier kein Held, was er immer sein wollte. Er war ein Soldat wie jeder andere. Trotzdem fesselte ihn das Spiel. Er konnte einfach nicht aufhören. 

Erschöpft und irgendwie ausgelaugt ging er schlafen. Doch auch in seinen Träumen spielte er Krieg. Die Erlebnisse des Tages spiegelten sich vermischt in seinen Träumen wieder. 
An der Front tauchte plötzlich der Alte auf, von dem er das Spiel gekauft hatte. 

„Sind das deine Träume, die dich glücklich machen“, fragte er ruhig und gelassen? 
„Nein, nein, das ist doch nur ein Spiel. Das ist eine virtuelle Welt. Die ist doch nicht echt“, rief Meike ihm aufgeregt zu. „Ich reagiere mich doch nur damit ab. Ich brauche das, um mir den Stress von der Seele zu schaffen“, erklärte er weiter.
„Du reagierst dich ab damit?“, lachte der Alte erstaunt. „Du verstehst gar nichts. Du reagierst dich nicht damit ab, du machst deinen Zorn nur noch größer als das Problem das dich belastet. Mit deinen Träumen formst du die Welt“, sprach er weiter. „Was du spielst, das träumst du. Was du träumst, das formt dich. Es formt deine Seele. Es formt dein Leben und dein Schicksal. Es entlastet dich nicht, es fördert nur deinen Zorn. Wenn du dich wirklich abreagieren würdest, würdest du mehr Lächeln und ruhiger werden. Statt dessen förderst Du jeden Tag deinen Zorn neu. Mag sein, dass du das nicht verstehst. Das verstehen auch nur sehr wenig Menschen. Sag mir Meike, magst du den Krieg in Wirklichkeit so gerne, wie hier oder im Spiel“, fragte der Alte weiter.
„Nein, natürlich nicht“, antwortete Meike aufgeregt. „Ich finde Krieg in Wirklichkeit schrecklich.“

„Nein, findest du nicht“, widersprach der Alte. „Wenn dir das Ausmaß des Krieges in all seiner Grausamkeit wirklich bewusst wäre, würdest du ihn verachten. Selbst Menschen die im Krieg gelebt haben, haben nicht immer das Grauen wirklich alle selbst miterlebt. Nein, dir ist gar nicht bewusst, was du da spielst.“

Meike vergaß alles um sich herum. Er war Teil seines Traumes geworden. Er war Soldat in einem wirklich echten Krieg. Er sah Kameraden neben sich sterben. Er musste an einem Erschießungskommando teilnehmen. Er musste Gefangene in ein schreckliches Schicksal führen und er wurde selbst verwundet. Er trug einen Brief bei sich, den er der Frau seines gefallenen Kameraden übergeben sollte. Nein, das war nicht schön. Das war nicht die Welt, in der er leben wollte. 

Der Alte kam wieder und befreite ihn aus dieser seltsamen Wirklichkeit.
„Sind das deine Träume?“, fragte er weiter. „Ist es das, was du dir wünschst, wenn du in einer anderen Welt leben könntest, die du dir selbst aussuchen kannst?“
„Nein, das was ich mache, ist doch nur ein Spiel, es ist nicht echt, nur eine virtuelle Welt.“
„Mit deinen Gedanken formst du die Welt“, sagte der Alte wieder geheimnisvoll. „Womit spielt dein kleiner Bruder?“. 
„Ach, der spielt gerne mit Baukasten“, winkte Meike ab. 
„Warlich ich sage euch, wenn ihr nicht werdet wie die Kinder“, sprach der Alte wieder geheimnisvoll.
„Ja, ja, ich kenne den Spruch aus der Bibel. Den kennt jeder“, meinte Meike etwas verärgert. 
„Ja, den kennt jeder, aber kaum jemand hat ihn verstanden. Wenn ihr das Elend aus eurer Welt verbannen wollt, was für einen Sinn macht es dann, spielerisch von seinen Ursachen begeistert zu träumen?“, fragte der Alte jetzt sehr ernst und vorwurfsvoll. 

„2000 Jahre sind vergangen und ihr habt so gut wie nichts verstanden. Sollen wir jetzt wieder 2000 Jahre warten bis ihr etwas begreift? Weihnachten feiert ihr, weil ihr Geschenke bekommt. Aber was schenkt ihr Gott? Er würde sich über etwas mehr Erkenntnis freuen. Ihr feiert das Fest der Liebe und legt Spiele unter den Weihnachtsbaum, die in Bild und Film das Entsetzen spielerisch darstellen. Was ergibt das für einen Sinn?“, schimpfte der Alte plötzlich zornig. 

Dann zögerte der Alte etwas. Er sah Meike geradezu durchdringend an und meinte weiter:
„Wenn Du Mörder hasst, darfst du nicht im Spiel ein Mörder sein. 
Wenn du es hasst bestohlen zu werden, darfst du nicht im Spiel ein Dieb sein.
Wenn du Schläger nicht magst, dann darfst du in deinem Spiel nicht einer sein. 
Wenn du es hasst ein Schwein zu sein, darfst du nicht in deinen Spielen begeistert eines darstellen. 
Wenn du es hasst ein Verlierer zu sein, darfst du nicht auch noch in deinen Gedanken ein Verlierer  sein. 
Es sind deine Gedanken die dich formen. Sie leiten dich. Du spielst Krieg, und nachts träumst du von den Fronten. Du steuerst tagsüber das, was du des Nachts träumst. Und so formen deine Träume dein Handeln, deine Seele und dein Tun. Bei dem Einen mehr, bei dem Anderen weniger. Aber es ist ein stetiger Prozess, der dich formt. Du reagierst dich doch nicht ab, mit dem Spiel. Du machst es nur noch schlimmer. 
Deine Gedanken sind stark. Reinige deine Gedanken. Reinigt alle eure Gedanken und ihr befreit die Welt. Eure Entschuldigung, dass das nur Spiele sind, befreit euch nicht von den geheimen Wünschen eurer Begierden.“

Der Alte verschwand wieder und die Waffen schwiegen für einen Moment. Dann hörte Meike entsetzliche Schreie. Weiter unten hat ein Feind mit einem Feuerwerfer in dem Schützengraben für entsetzliche Tode und Qualen gesorgt. Meike spürte, wie ihn jemand schubste.

„Deine Träume sind die Spiegel deiner Seele“, sagte jemand an einem Stand weiter unten. 

Meike war immer noch auf dem Weihnachtmarkt. Luca hat ihn geschubst. „Schläfst du“, fragte er lachend. „Komm, es geht weiter.“
Er schüttelte sich und rieb sich die Augen. Was war geschehen? Er brauchte eine Weile um zu verstehen, dass er immer noch auf dem Weihnachtsmarkt war. Die anderen hörten den Spruch nicht. Sie gingen weiter. Und wenig später sah auch Meike den Stand nicht mehr. War das jetzt nur ein Traum? 

Als Meike zuhause war, baute er mit seinem Bruder eine große Brücke mit seinem Baukasten. Er bemerkte, dass er dabei lächelte. In seinem Spielen lächelte er nie. Er lachte vielleicht hämisch. Aber das Lächeln am Baukasten seines Bruders war irgendwie anders. Es war schöner, positiver. Und er schlief in dieser Nacht hervorragend gut. Der Alte ist nie wieder aufgetaucht, auch nicht in seinen Träumen. Hatte er sich das nur eingebildet? 

Mit deinen Gedanken formst du die Welt. 
Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder. 

Diese Weisheiten begleiteten und formten Meike künftig mehr und besser, als alle Kriegsspiele dieser Welt.

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